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Rödgen

Portrait

Am Rande des Busecker Tals, etwa fünf Kilometer vom Gießener Stadtzentrum entfernt, liegt der Stadtteil Rödgen, der seit 1971 zu Gießen gehört. Von hier hat man einen wunderbaren Blick über die Dörfer des Busecker Tals und über das Gießener Becken. Begrenzt wird Rödgen von der Kernstadt Gießen sowie von den Gemeinden Buseck und Fernwald. Die erste urkundliche Erwähnung Rödgens ist strittig. Einerseits könnten Dokumente aus dem 8. Jh. auf die Siedlung hinweisen, andererseits liefert erst eine Urkunde von 1326 die älteste gesicherte schriftliche Erwähnung des Dorfes. Rödgen war lange Zeit ein geteiltes Gemeinwesen. Während das alte Pfarrhaus und die aus dem 13. Jh. stammende Kirche zur Erzdiözese Trier gehörten, war der nördliche Teil des Dorfes mit der sogenannten Burg dem Erzbistum Mainz zugehörig. Jene »Burg« ist im Übrigen nichts anderes als ein ummauerter adeliger Wohnsitz. Politisch gehörte Rödgen im 14. Jh. zu den »Ganerben« des Busecker Tales, die für sich die reichsunmittelbare Gerichtsbarkeit beanspruchten, und sich erst nach einem Jahrhunderte währenden Streit der Hoheit des hessischen Landgrafen beugten. Wie so viele Dörfer hatte auch Rödgen im 17. Jh. unter Krieg und Pestepidemien zu leiden. Der Strukturwandel ab der Mitte des 19. Jahrhunderts veränderte die Lebensgewohnheiten der zumeist bäuerlichen Einwohner: 1869 wurde die an Rödgen vorbeiführende Bahnlinie Gießen-Grünberg eingeweiht. Die Gründerjahre bescherten den Bauern Arbeitsmöglichkeiten in der nahe gelegenen Stadt Gießen. Bedeutsam war auch die Ansiedlung der Zigarrenfabrik Rinn & Cloos um 1900 und der Bau des Gießener Flughafens ab 1925. Heute befindet sich dort das US-Depot. Nördlich des Depots gibt es heute noch einen kleinen Segelflugplatz, der aber schon zur Gemarkung Wieseck gehört.

In den 30er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl Rödgens an, bedingt durch die Aufnahme vieler Flüchtlinge.

(Text von Tim Lochmüller)

Drei Dinge, die man gesehen haben sollte

1. Naturdenkmäler

Gleich drei der fünf Naturdenkmäler auf städtischem Grund sind in der Rödgener Gemarkung zu finden. Am bekanntesten ist sicher die „Tausendjährige Eiche“ – eine imposante Stieleiche von rund 350 Jahren, die mit einem Stammumfang von sechs Metern und einem rund 15 Meter hohen Kronendach aufwarten kann. Sie steht an der Ecke Geiselstrauchweg/Seeweg.
Ebenfalls imposant ist der schöne Kastanienbaum, der an der Ecke Rosengasse/Am Bergwald wächst und mit einer Bank zum Verweilen einlädt. Dritter im Bunde der Naturschätze ist die Schillerlinde, eine 1859 gepflanzte Winterlinde zum Gedenken an den Dichter Friedrich Schiller. Sie ist in Nähe des Sportplatzes zu finden.

2. Kirche Rödgen

Wie so viele Dörfer im Gießener Land, ist auch Rödgen mit einem schmucken Kirchenbau gesegnet. Das hessische Kulturdenkmal, im barocken Stil erbaut, liegt ortbildprägend auf einer kleinen Erhöhung inmitten des Ortes.

3. Heimatmuseum Rödgen

Unter dem Dach des Bürgerhauses unweit der Kirche blüht das Dorfgeschehen der Vergangenheit wieder auf. Das Museum zeigt Ausschnitte aus dem Leben früherer Zeiten. Die Wohnkultur wird beim Gang durch Küche, Schlafzimmer und die gute Stube deutlich.
An typische Berufe und häusliche Tätigkeiten erinnert das „Rad der Arbeit“, um das sich die Arbeitsplätze von Wagner, Küfer, Schuster, Hausfrau, Schneiderin, Friseurin sowie zahlreiche Werkzeuge und Alltagsgegenstände gruppieren. An verschiedenen Exponaten können zudem Jung und Alt experimentieren und wunderliche Dinge aus dem Schrank „Was ist Was“ in die Hand nehmen, um sie ihren Aufgaben von einst zuzuordnen. Zugang zum Museum erhält man über eine Anfrage an den Förderverein unter 0641 47631.

Wanderung/Ausflugstipp

Für anregende Spaziergänge bietet die Umgebung von Rödgen viele Möglichkeiten. Eine Besonderheit ist sicher das seit 1997 bestehende Naturschutzgebiet „Aschborn und Uderborn bei Rödgen“. Es liegt zwischen der Kreisstraße 22, der Bundesstraße 49 sowie der Ortsrandlage Rödgen und einem Gewerbegebiet. Auf den 53 Hektar finden sich kleinräumige, vielfältige Strukturen wie ein landesweit bedeutsames Quellmoor. Seit 20 Jahren führt die Stadt Gießen zudem mit Erfolg ein umfangreiches Schutz- und Pflegekonzept durch, um die wertvollen Grünlandbestände zu erhalten. Seltene Tier- und Pflanzenarten haben sich daraufhin wieder angesiedelt. Die künstlich angelegten Teiche bieten beispielsweise etlichen Amphibien ein wichtiges Refugium. Die Zahl der zu den Teichen im Frühjahr wandernden Erdkröten ist so groß, dass alljährlich die Udersbergstraße in der Hauptwanderzeit der Tiere gesperrt wird.

Besonderheiten

Das kleine Rödgen beherbergt eine Firma von Weltruf: Lakewood Guitars. Untergebracht ist die Gitarrenmanufaktur in der einstigen Zigarrenfabrik von Rinn & Cloos und ist direkt an der sich durch den Ort schlängelnden Hauptstraße gelegen. Seit 1986 baut hier das Team um Gründer Martin Seeliger die hochwertigen und weltweit geschätzten Musikinstrumente. Künstler wie Richie Blackmore, Erick Bazilian, Thom Yorke, aber auch jüngere Musiker wie Gregor Meyle, Norman Keil oder Wallis Bird spielen auf Lakewood Guitars!

Außerdem gab es in Rödgen ein Geburtshaus, in welchem die erste Unterwassergeburt in Hessen durchgeführt wurde. Heute werden dort noch Mütterhelferinnen ausgebildet.

Anekdote: Brödche von Rödche

Als Anekdote muss ein Vorfall beim Umzug der dörflichen Verwaltung ins städtische Rathaus erwähnt werden, der als „Brödche von Rödche“ in die Dorfannalen einging. Im Kassenraum der damaligen Rödgener Verwaltungsstelle, verschwand der Schlüssel zum dortigen Tresor. Jahre später tauchte ein Kästchen mit mehreren Schlüsseln auf, darunter befand sich auch der gesuchte Tresorschlüssel. Hoffte man vielleicht auf verborgene Schätze oder wichtige Unterlagen, war es vielmehr ein steinhartes Brötchen mit Bierschinken belegt, das die Jahre im Tresor in sicherer Verwahrung zumindest äußerlich gut überstanden hatte. Ein auf diese Anekdote verweisendes Exponat ist auch im Rödgener Heimatmuseum ausgestellt.

Einen Spitznamen haben die Rödgener natürlich auch: Er lautet „Räärer Hoink“. Der Hoink, ein Mus aus Zwetschgen wurde fast in jedem Haushalt gekocht und war für die Rödgener der wichtigste Brotaufstrich.

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