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15.07.2022

Stadttheater zieht Bilanz zur Spielzeit 2021/22

„Alles bleibt anders“ war die Spielzeit am Stadttheater Gießen überschrieben, die am Wochenende zu Ende geht. Nachdem die vorhergehende Saison nach zwei Monaten coronabedingt abgebrochen werden musste, war es vor einem Jahr noch sehr ungewiss, unter welchen Bedingungen der Spielbetrieb würde stattfinden können. Umso glücklicher sind die Theatermacher:innen um die scheidende Intendantin Cathérine Miville, dass alle Premieren wie geplant stattfinden konnten. Insgesamt haben 55.673 Zuschauer:innen in insgesamt 474 Vorstellungen sichere und entspannte Theater- und Musikerlebnisse genießen können, darunter zahlreiche Sonderveranstaltungen. Erfreulich ist auch, dass die Zahl der eingelösten Semestertickets mit 6263 Karten von Studierenden der Gießener Hochschulen wieder ein hohes Niveau erreicht hat.

Natürlich bestimmte die Pandemie weiterhin die täglichen Abläufe hinter und auf der Bühne. Zunächst galten im Großen Haus und der taT-studiobühne die 3G-Regelungen sowie Maskenpflicht, ab November musste vorübergehend auf 2G umgestellt werden. Die Besucher:innen saßen durchgehend im Schachbrettmuster, wodurch der Zuschauerraum nur zur Hälfte genutzt werden konnte. Das Publikum reagierte zumeist mit großem Verständnis auf die Maßnahmen und dankte für weiterhin hochwertige Vorstellungen trotz der Einschränkungen. Zusätzliche Schwierigkeiten brachten die zunehmenden Krankheitsausfälle in den Ensembles und Teams, was zu einem Rekord an Umbesetzungen führte. Obwohl viele Aufführungen mit Einspringern und Gästen erfolgreich aufgeführt werden konnten.

Los ging es bereits im August mit einem überwiegend digitalen TanzArt-Festival 2021 und den „Gießener Auftritten“, einer neuartigen Veranstaltungsreihe, die insgesamt 90 künstlerische Beiträge aus den Bereichen Tanz, Musik und Bildende Kunst auf zwei Projektionsflächen erlebbar machte. So wurde die Jugendstilfassade des Stadttheaters an 5 Wochenenden mittels Videomapping spektakulär als Bühne genutzt. Ein TanzArt-Festival 2022 mit wieder live performenden Künstler:innen aus dem In- und Ausland konnte dann um Pfingsten herum zur großen Freude der Tanzfans wieder auf den Bühnen des Stadttheaters sowie an ungewöhnlichen Orten wie dem Parkhaus neustädter stattfinden.

Mit der Tanzcompagnie Gießen konnte Ballettdirektor Tarek Assam in seiner letzten Spielzeit in Gießen noch einmal Impulse im Zeitgenössischen Tanz setzen. Gemeinsam mit Mauro Astolfi erforschte er in „Mond Morgen“ choreographisch stellare Abhängigkeiten und kosmische Zusammenhänge, während mit „Elektra“ ein dramatisch-psychologisches Schwergewicht mit den Mitteln des Zeitgenössischen Tanzes neu interpretiert wurde. Dazu kamen weitere Uraufführungen von namhaften Gastchoreograph:innen wie Susanna Curtis und Thomas Noone.

Für leuchtende Augen beim jungen Publikum ab 4 Jahren sorgte Abdul-M. Kunze, der scheidende Leiter des Kinder- und Jugendtheaters, mit der gewohnten Vielfalt an Stücken, etwa dem humorvollen Theaterstreit „Ein König zu viel“ oder dem Musiktheater „Gold! – Vom Fischer und seiner Frau“. Mit „Zwei Tauben für Aschenputtel“ wurde ein klassischer Märchenstoff als fantasievolles Familienstück für die ganze Familie behutsam ins Heute geschubst.

Das Musiktheater zeigte mit der Kammeroper „The Rape of Lucretia“ von Benjamin Britten, wie sich mit einer kleinen Besetzung große Oper von verblüffender Klangvielfalt und bewegender Ausdruckskraft im Großen Haus erzeugen lässt. Einige Produktionen erregten wieder überregionale Aufmerksamkeit, mit denen sich das Stadttheater als Garant für sehens- und hörenswerte Opernraritäten empfahl. Dazu gehörten die Inszenierung von Bellinis „Zaira“ (in der eigens für Gießen entstandenen Orchestrierung von Herbert Gietzen) oder die zeitgenössische Oper „Brokeback Mountain“ von Charles Wuorinen. Großen Anklang fanden auch die konzertanten Aufführungen von Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Extra für das Stadttheater entstand das multimediale Spectacle „Brave Kids“, ein rasantes Crossover aus Schauspiel und Gesang, das mit Showelementen spielt und aktuelle Mediendiskurse aufgreift.

Die Schauspielsparte war mit der Uraufführung „Gold“ von Philipp Gärtner nah am Puls der Zeit, zeigte neue Interpretationen klassischer Stoffe – etwa mit den durchweg vertauschten Geschlechterrollen in Kleists „Zerbrochnem Krug“ –, oder gewann mit „Falstaff“ klassischen Stoffen neue Aspekte ab. Die große Bandbreite des Spielplans wurde durch das Monty Python-Musical „Spamalot“ abgerundet, das nicht nur zahlreiche Anhänger der britischen Komiker, sondern auch Musical-Fans an die Lahn lockte. Zu den Besonderheiten im taT gehörte die Multi-Media-Umsetzung von Heiner Müllers „Hamletmaschine“ oder die dezidiert nachhaltige Produktion „Traumspiel:e“ nach August Strindberg.

Das Philharmonische Orchester Gießen entführte unter der Leitung von GMD Florian Ludwig sowie Gastdirigenten mit seinen Sinfoniekonzerten in neun unterschiedliche musikalische Welten. Darunter waren gleich zwei Großaufführungen, bei denen der Gießener Opernchor unter der Leitung von Jan Hoffmann Unterstützung erhielt durch den Gießener Konzertverein sowie die Wetzlarer bzw. die Frankfurter Singakademie: Haydns „Schöpfung“ und Händels „Messiah“. Letzterer konnte nach vierjähriger Pause endlich wieder großformatig in der Wetzlarer Buderus Arena aufgeführt werden. Musiker:innen des Orchesters gestalteten vier Kammerkonzerte, dazu kamen die beliebten Gastspiele von hr-Sinfonieorchester und hr-Bigband.

Verstärkung bekam Intendantin und Geschäftsführerin Cathérine Miville durch eine neu formierte Doppelspitze: Dr. Martin Reulecke, der seit 2016 als Verwaltungsdirektor und Prokurist am Stadttheater tätig war, wurde zum Geschäftsführenden Direktor der Stadttheater Gießen GmbH bestellt und bildete somit zusammen mit Miville, die schon vor längerer Zeit den Impuls zu diesem Schritt der Veränderung gab, die Geschäftsführung des Stadttheaters. Damit wurde auch das Gießener Theater formal nach dem inzwischen bundesweit üblichen und vielfach bewährten Modell mit zwei Geschäftsführer*innen geleitet.

 

Quelle: Stadttheater Gießen

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