Rathaus

Seiteninhalt
20.12.2023

Schwimmen gegen den Strom - Internationaler Tag der Migranten

Schulkino zum Thema Flucht übers Mittelmeer am „Internationalen Tag der Migranten“

Im Jahr 2000 wurde der 18. Dezember von der UN-Vollversammlung zum „Internationalen Tag der Migranten“ deklariert, regelmäßig organisiert das Büro für Integration der Stadt Gießen in Kooperation mit dem Ausländerbeirat hierzu eine Veranstaltung. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Kino, genauer: auf eine Kooperation mit dem Projekt „Globales Schulkino“ des Vereins Marburger Vereins Motivés e.V., der sich für politische Bildung zu Themen wie Globales Lernen und Nachhaltigkeit engagiert. Etwa 250 Jugendliche verschiedener Gießener Schulen höherer Klassenstufen nahmen teil und sahen im Kinocenter Gießen den Dokumentarfilm „Sara Mardini – Gegen den Strom“ zum Thema Flucht und Seenotrettung im Mittelmeer. Begrüßt wurden sie von Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher: „Dieser Tag bietet uns die Möglichkeit, die Bedeutung von Migranten für unsere Gesellschaft zu würdigen und gleichzeitig die globale Migration mit ihren herausfordernden Aspekten zu bedenken. Die Seenotrettung – in letzter Zeit politisch unter Druck geraten – ist ein humanitärer Akt, der Leben rettet und unsere Menschlichkeit unter Beweis stellt.“

Der Film handelt von Sara Mardini aus Damaskus/Syrien, die 2015 mit 20 Jahren gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester Yusra vor dem Krieg flieht. Das Boot mit dem sie und andere Flüchtlinge von der Türkei nach Griechenland übersetzen, droht zu kentern; über drei Stunden ziehen und schieben die beiden Schwestern – zu Hause als Leistungsschwimmerinnen aktiv – das Boot an die griechische Küste und retten so 18 Menschen das Leben. Ab 2018 hilft Sara anderen Geflüchteten auf der griechischen Insel Lesbos, verteilt etwa Decken und Lebensmittel am Strand – und wird deshalb wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung festgenommen und angeklagt. Ihr drohen 20 Jahre Haft, der Hauptprozess hat bis heute nicht stattgefunden. In „Gegen den Strom“ dokumentiert die Filmemacherin Charly Feldman Saras Alltag, beginnend mit der Freilassung aus der Untersuchungshaft: Während sie unter Anklage steht und auf den Prozess wartet, nutzt sie Interviews, Auftritte und Social Media um auf das Thema der Kriminalisierung sowohl der Flucht wie der Seenotrettung aufmerksam zu machen.

Im anschließenden Filmgespräch konnten sich die Jugendlichen mit Sandra Hammamy austauschen, Dozentin in der Politikwissenschaft an der JLU und privat seit vielen Jahren immer wieder wochenweise in ihrer Freizeit als Seenotretterin bei Sea-Watch e.V. aktiv. Sie berichtete von ihren Einsätzen auf See und stellte die Forderungen der privaten Seenotrettung vor: Sichere Fluchtwege, um das Ertrinken von Menschen zu verhindern, eine EU-weite Solidarität bei der Verteilung von Geflüchteten. „Ertrinken lassen sollte kein Mittel der Migrationspolitik sein,“ brachte sie prägnant auf den Punkt. Die Jugendlichen stellten viele Fragen – sowohl zu Hammamys Engagement auf See wie zu belastenden Erlebnissen oder der Angst vor Anklage und Haft wie auch zu den politischen und rechtlichen Dimensionen von europäischer Grenzpolitik, steigender Xenophobie in den europäischen Gesellschaften, fehlender Solidarität innerhalb der EU-Staaten. Und auch die Frage „Was kann ich selbst tun, um zu helfen?“ wurde gestellt und beantwortet: ob Spenden für die private Seenotrettung, ein bewusst nachhaltiger Konsum zur Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern oder das Entgegensetzen von Faktenwissen zur Abwehr von falschen Aussagen – die Möglichkeiten hier sind vielfältig.

Mehr zu Migration und Integration

Newsletter

Bestellen Sie sich hier den Newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.