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15.01.2024

Gießener Runder Tisch will mit Bildungsangeboten und Informationskampagne dem zunehmenden Antisemitismus begegnen

Der wiederaufgeflammte Nahostkonflikt hat Auswirkungen bis nach Gießen, wie auch in der jüngsten Sitzung des Gießener Runden Tischs gegen Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens deutlich wurde. So kam es auch in Gießen nach dem Überfall vom Hamas-Terroristen auf Israel am 7. Oktober zu einer Zunahme antisemitisch motivierter Übergriffe in der Universitätsstadt, wie Birgit Schlathölter von der DEXT-Fachstelle Gießen erläuterte. Allein im Zeitraum vom 18. Oktober bis 14. Dezember wurden im Vergleich zum Vorjahr mehr als das Fünffache an antisemitisch motivierten Übergriffen bei der Fachstelle registriert. „Im ganzen Jahr 2022 verzeichneten wir zwei, seit Mitte Oktober hingegen schon elf antisemitisch motivierte Taten, nachdem es im laufenden Jahr bis zum 18. Oktober zu keinen registrierten antisemitisch motivierten Übergriffen in Gießen gekommen war“, so Schlathölter.

Auch andere Mitglieder des Runden Tischs berichteten aus ihren Arbeitsbereichen, dass sich antisemitische Tendenzen seit dem 7. Oktober weiter verschärft haben. Umso wichtiger sei es, so die einhellige Meinung am Runden Tisch, in der aktuellen Situation Aufklärungs- und Bildungsangebote zu verstärken. Dabei könne man auf positive Erfahrungen in der jüngsten Vergangenheit zurückgreifen, etwa auf gemeinsame Veranstaltungen der Gießener Jüdischen Gemeinde mit den örtlichen Moscheegemeinden in Schulen oder den beispielhaften Besuch des Holocaust-Zeitzeugen Ivar Buterfas in der Gießener Ditib-Moschee im vergangenen Februar, der von den muslimischen Gemeinden, der Christlich-Islamischen Gesellschaft Gießen, der Stadt und der Hessischen Landeszentrale für Politische Bildung organisiert worden war.

Die bei der Stadt angesiedelte DEXT-Fachstelle soll nach den Verabredungen des Runden Tischs solche und andere Bildungs- und Informationsangebote koordinieren und auch Referentinnen und Referenten vermitteln, die etwa von Schulen oder Vereinen angefragt werden können.

Zusätzlich will sich der Runde Tisch an dem vom European Leadership Network (ELNET) konzipierten und vom Bundesbeauftragten für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus geförderten Projekt „Fragemauer“ beteiligen. Auf der Internetseite fragemauer.de kann man Fragen zum Judentum einreichen, die dort anschließend veröffentlicht und beantwortet werden. Idee der Kampagne ist es, Unsicherheit und Unwissen über das Judentum entgegenzuwirken und damit gleichzeitig Vorurteile abzubauen. Zwanzig der bisher eingegangenen Fragen zum Judentum wurden grafisch aufbereitet. Die Motive sollen nun in Gießen vor allem über die Sozialen Netzwerke ausgespielt werden, um öffentliche Aufmerksamkeit für die Kampagne zu erzeugen.

Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher betonte, wie wichtig der Runde Tisch gerade in der aktuellen Situation sei: „Insbesondere seit dem 7. Oktober sind wir mehr denn je als Stadtgesellschaft aufgefordert, auf den Wegen des Dialogs zu bleiben, die wir in unserer Stadt entwickelt haben. Der Runde Tisch ist dafür eine wichtige und hilfreiche Gesprächsplattform. Ich bin sehr dankbar, dass wir dort gemeinsam Strategien entwickeln, um Antisemitismus entgegenzuwirken. Die nun verabredeten Maßnahmen sind wichtige Schritte auf dem Weg zu diesem Ziel“, so Becher.

Hintergrund

Der Runde Tisch gegen Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens

Der Runde Tisch unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Frank-Tilo Becher war bereits im vergangenen Jahr von der Stadtverordnetenversammlung eingerichtet worden, um antisemitische Gewalt, Vorurteile und Einstellungen zurückzudrängen und gleichzeitig jüdisches Leben stärker in der Öffentlichkeit wahrnehmbar zu machen. Neben städtischen Ämtern gehören dem Runden Tisch auch Vertreterinnen und Vertreter der jüdischen Gemeinde, der christlichen Kirchen und islamischen Religionsgemeinschaften, von Schulen und Jugendarbeit, Gewerkschaften, Medien, Hochschulen, der Polizei und mehrerer Vereine und Initiativen an, die sich gegen Antisemitismus engagieren oder die den interreligiösen Dialog in Gießen fördern. Er tagt in der Regel viermal jährlich.

DEXT-Fachstelle

DEXT steht für „Demokratieförderung und phänomenübergreifende Extremismusprävention“. Die bei der Stadt angesiedelte DEXT-Fachstelle in Gießen soll auf lokaler Ebene zu allen Phänomenbereichen des Extremismus ansprechbar sein. Sie soll menschenfeindlichen und extremistischen Ansichten und Strukturen entgegenwirken und die lokalen Akteurinnen und Akteure in der Extremismusprävention unterstützen und in der Vernetzung stärken. Die Fachstelle ist erreichbar unter DEXT@giessen.de beziehungsweise unter der Telefonnummer 0641-306 2471.

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