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23.12.2021

Die sozialen Kontakte waren entscheidend

Am 18.12. war "Tag der Migranten" - Ausstellung und Podiumsgespräch im Rathaus

Ein gutes Ankommen und Einleben in Deutschland für Zugewanderte wünschen sich alle. Es ist möglich und es passiert – davon konnten sich die Gäste der Eröffnung der Ausstellung „I FEEL - Frauen auf der Flucht“ des Museum Friedland überzeugen. Die elf Gemälde umfassende Ausstellung setzt sich mit den Themen Flucht und Ankommen in Deutschland auseinander. An jedem Kunstwerk arbeiteten zwei Künstlerinnen: Eine Hälfte wurde von einer Frau gemalt, die ihre Heimat verlassen musste, die andere Hälfte von einer deutschen Künstlerin.

Der Eröffnungstermin am Samstag, 18. Dezember, war bewusst gewählt: Im Jahr 2000 erklärte die UNO-Vollversammlung den 18.12. zum "Tag der Migration". Das städtische Büro für Integration und der Ausländerbeirat der Stadt hatten sich zusammengetan und entschieden, rund um diesen Termin die Wanderausstellung zu zeigen, an diesem Tag die Ausstellung zu eröffnen und die Themen Ankommen und Integration in den Mittelpunkt zu stellen. Gerahmt wurde der Abend mit Musik der Cellistin Emily Härtel.

In ihrer Einführung verwies die für den Bereich Integration zuständige Stadträtin Astrid Eibelshäuser beispielhaft auf die Lage an der Grenze von Belarus und die Situation in Afghanistan: „Solidarität mit Migranten und Migrantinnen ist nach wie vor wichtiger denn je. Deutschland ist ein Einwanderungsland und hat eine besondere Verantwortung für Menschen auf der Flucht“. Sie begrüßte ausdrücklich die einschlägigen Verabredungen im Koalitionsvertrag des Bundes, wie die Auflösung der Ankerzentren, die Möglichkeit des Familiennachzugs auf für subsidiär Geflüchtete sowie den Abbau von Hürden im Aufenthalts- und Bleiberecht.

Die Stadt Gießen, so Eibelshäuser weiter, sei mit über 16.000 Menschen ohne deutschen Pass aus über 150 Nationen eine vielfältige Stadtgesellschaft und besonders geprägt von Zuwanderung. Zeynal Sahin, Vorsitzender des Ausländerbeirates, sprach in seinem Grußwort von Deutschland als einem Land, „in dem Heimat neu gewonnen werden kann.“ Mit Blick auf viel Erfahrung in dem Thema unterstrich er: „Die Erfahrung gelungener Integration ist kein Einzelfall.“ Christian Blohm, beim Museum Friedland zuständig für Kommunikation und Veranstaltungen und Samah Al Jundi-Pfaff, Künstlerin und beim Museum Friedland verantwortlich für das Kreativprojekt, aus dem die Gemälde hervorgingen, führten im Anschluss die Gäste in die Ausstellung ein. Blohm: „Das Projekt entstand zufällig: Eine geflüchtete Frau malte im Rahmen des Kreativprojektes ein Selbstportrait, aber nur zum Teil, es war unvollendet. Sie ging in ihr Zimmer, wollte das Bild nicht beenden. Wochen später kam eine Ehrenamtliche, die auch als Künstlerin aktiv ist. Sie sagte ‚Ich fühle, was diese Frau sagen wollte‘ und malte weiter.“ Al Jundi-Pfaff hob hervor: „Dass die Frauen, teilweise ohne sich zu kennen, die Leinwand miteinander geteilt haben, ist etwas ganz Besonderes. Häufiger ist, dass Künstler nicht wollen, dass ihr Werk verändert, sogar nur berührt wird.“ Lebendig erzählte sie von einzelnen Begegnungen mit den Frauen und Künstlerinnen.

Das sich anschließende Podiumsgespräch zeigte auf, wie unterschiedlich sich das Ankommen für Zugewanderte gestaltet: Ob Kunst, Wissen oder Engagement – es gibt verschiedene Wege. Neben Al Jundi-Pfaff nahmen an dem Gespräch die Gießener Mohamad Alissa und Bethlehem Rostas teil. Moderatorin Alexandra Böckel vom Freiwilligenzentrum befragte sie zu ihren persönlichen Erlebnissen und Perspektiven auf das Thema.

Bethlehem Rostas, die 2003 als Jugendliche unbegleitet aus Somalia nach Deutschland kam, berichtete von ihrer Freude über den Neuanfang. „Ich war sehr jung und offen für alles Neue. Und ich wurde unterstützt von den Erziehern und Lehrkräften, was ich gern angenommen habe. Die sozialen Kontakte waren entscheidend.“ Seit bereits zehn Jahren engagiert sie sich für die berufliche Integration von neu ankommenden Zugewanderten. Mohamad Alissa, der 2013 aus Syrien nach Deutschland flüchtete, hob die Hoffnung auf die Zukunft hervor: „Das war mein erstes Gefühl als ich in Deutschland ankam und ich habe es immer noch. Es begleitet mich kein Heimweh, aber eine Traurigkeit darüber, was in Syrien passiert.“ Alissa, der als medizinischer Physiker an der THM arbeitet, engagiert sich ebenfalls: Er gründete den Verein „Malik e.V.“, ein Unterstützernetzwerk für ausländische Studierende. „Dieses Netzwerk konnte ich mir vor allem durch meine Arbeit aufbauen. Ich kenne inzwischen sehr viele Menschen und weiß: Das soziale Umfeld ist ein Integrationsmotor.“ Samah Al Jundi-Pfaff berichtete von ihrem ersten Eindruck, als sie in Deutschland ankam: „Ich kam nach Eschwege und gleich am ersten Tag fühlte ich mich, als wäre ich nach Hause gekommen. Am zweiten Tag begann ich, mich freiwillig zu engagieren.“ Für Al-Jundi-Pfaff seht für ein gutes Ankommen und Einleben vor allem im Mittelpunkt, den Moment zu leben. „Ich möchte im Jetzt leben und ich möchte Momente, Menschen, Eindrücke feiern. Für mich ist das die Basis für gelingende Integration.“

 

Migration und Integration

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