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09.04.2024

Neue Sonderausstellung im Oberhessischen Museum

"Moderne + Mittelalter. Die Baukunst des Hugo von Ritgen" wird am 10. April eröffnet | Laufzeit bis 20. Oktober

Das Oberhessische Museum eröffnet am 10. April 2024 die neue Sonderausstellung „Moderne + Mittelalter. Die Baukunst des Hugo von Ritgen“ im Alten Schloss am Brandplatz. Die Ausstellung beleuchtet das umfassende Lebenswerk des Allrounders Hugo von Ritgen in einer nie dagewesenen Bandbreite. In Kooperation mit der Technischen Hochschule Mittelhessen und dem Institut für Kunstgeschichte der Justus-Liebig-Universität Gießen wird ein neuartiger Blick auf das Leben des Künstlers, Professors, Denkmalpflegers und Architekten geworfen, der nicht nur für seine fulminante Wiederherstellung der Wartburg in Eisenach (Thüringen) bekannt ist, sondern auch im regionalen Raum noch heute sichtbare Spuren hinterlassen hat.

Die für das 19. Jahrhundert so typische Verschmelzung zwischen Moderne und Mittelalter wird in einem vielfältigen Ensemble aus Zeichnungen, Skizzen, Objekten, Malereien und Architekturplänen präsentiert und an der Person Hugo von Ritgen verdeutlicht.

Anlass der Ausstellung

Konkreten Anlass zur Ausstellungsidee und vor allem zur institutionenübergreifenden städtischen Kooperation gab das diesjährige Jubiläum des Instituts für Kunstgeschichte an der Justus-Liebig-Universität. Hier wurde für Hugo von Ritgen vor 150 Jahren das Fach eingeführt wurde. Zeitgleich war er auch maßgeblich an der Entstehung der Handwerkerschule als Vorläufer der heutigen Technischen Hochschule Mittelhessen beteiligt. Durch seine enge Verbundenheit zu den beiden Institutionen lag es für diese nahe, eine Ausstellung anzustoßen. Als Veranstaltungsort und weiterer Kooperationspartner stand schnell das Oberhessische Museum fest, das nicht nur 1980 mit einer Ritgen-Ausstellung eröffnete, sondern bis heute den Großteil seines künstlerischen Nachlasses verwahrt. 

Das Projekt „Hugo von Ritgen“

Unter der Federführung von Prof. Dr. Sigrid Ruby, Leiterin des Instituts für Kunstgeschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen, Dr. Katharina Weick-Joch, Leiterin des Oberhessischen Museums, und Prof. Nikolaus Zieske, Professor für Entwerfen und Bauen im Bestand an der Technischen Hochschule Mittelhessen, haben sich die drei Institutionen in einer Kooperation zusammengefunden, die eine umfangreiche Ausstellung erst ermöglichte. Kuratorin Dr. Yvonne Rickert hat im Vorfeld zahlreiche Recherchen unternommen und die wissenschaftliche Vorbereitung übernommen. Auf Grund ihres entstehenden Netzwerks konnten zahlreiche Exponate für die Ausstellung geliehen werden. Ein Großteil und auch das größte Objekt in der Ausstellung, der sogenannte Fürstensitz, stammen von der Wartburg, aus Schloss Eisenbach sowie Schloss Laubach wurden zahlreiche Zeichnungen für die Ausstellung übergeben. Stadtarchive in Gießen und Darmstadt sowie die Technische Universität Darmstadt haben Pläne beigesteuert. Nachfahren und Verwandte Ritgens haben wertvolle Hinweise gegeben oder sogar selbst Objekte ausgeliehen.

Die Gestaltung des Ausstellungsraums und das Unterfangen, für alle Objekte den richtigen Platz zu finden, wurde von Architektin Ulrike Wassermann übernommen. Zahlreiche Studierende der THM haben sich mit Hugo von Ritgen beschäftigt und seine Entwürfe geprüft, nachgezeichnet oder in Modellen umgesetzt.

Rundgang durch die Ausstellung

Nach einer Videoinstallation als Auftakt im Treppenhaus des 1. Stocks sind Besucherinnen und Besucher eingeladen, dem Rundgang von neun unterschiedlichen Kapiteln durch den Ausstellungsraum zu folgen. Hier grüßt eine lebensgroße Fotografie Hugo von Ritgens alle Besuchenden und lädt quasi selbst in die Ausstellung ein. In den Kapiteln werden die abwechslungsreichen Arbeitsschwerpunkte des Gießener Allroundtalents dargestellt und in den historischen Kontext eingeordnet. Nachdem über Hugo von Ritgens Lebensweg berichtet wurde, fällt der Fokus zunächst auf die zahlreichen Wohnbauten, die er in Gießen für die hauptsächlich gutbürgerliche Gesellschaft errichtet und entworfen hat. Einige davon sind auch heute noch im Stadtraum zu entdecken und zeitgenössische Fotografien laden zu einem Vergleich ein.

Noch bekannter dürften allerdings die Burgen und Schlösser sein, denen sich das nächste Ausstellungskapitel widmet. Das Besondere ist hier, dass Ritgen sowohl als Architekt auftritt als auch als ein Vorreiter der hessischen Denkmalpflege. So entwarf er Pläne zur Sicherung der Burg Gleiberg und zur Wiederherstellung der Burg Staufenberg. Seine Entwürfe für die Schlösser Laubach und Eisenbach bilden die Stilvielfalt der Zeit des Historismus geradezu beispielhaft ab.

Ähnlich verhält es sich mit der Wartburg, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Hier zeigt sich besonders deutlich das Spannungsfeld von Moderne und Mittelalter: Nach akribischer Forschung bemühte er sich, die Burg möglichst originalgetreu zu restaurieren, gleichzeitig aber moderne Lösungen für architektonische Herausforderungen zu finden. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und entwarf auch Möbel und Dekorationselemente für die Burg, um ein möglichst authentisches Bild zu kreieren. Von Ritgen war aber nicht nur Forscher und Architekt. Ganz Kind seiner Zeit war er der Epoche der Romantik verpflichtet, was sich in seinen künstlerisch-idyllischen Aquarellen widerspiegelt, die zum größten Teil im Oberhessischen Museum verwahrt werden. Auch dieses Phänomen der Burgenromantik erläutert die Ausstellung anschaulich.

Das Multitalent beschränkte sich allerdings nicht auf, im weitesten Sinne, Wohnbauten, sondern widmete sich auch der Friedhofsarchitektur. Das Kapitel Erinnern + Erneuern zeigt eindrücklich die Bandbreite seines Wirkens: Von der Kapelle über die Leichenhalle bis hin zu beeindruckenden Grabmonumenten sind alle Bauten vertreten, die man auf einem Friedhof vermuten würde.

Neben der praktischen Arbeit lag von Ritgen auch die Ausbildung des Nachwuchses am Herzen. Als Professor für Architektur und später erster Professor für Kunstgeschichte war er an der Universität Gießen tätig, engagierte sich aber auch für die Ausbildung der ausführenden Handwerker. Auch dies zeugt von seinem ganzheitlichen Denkansatz und der Verbindung von Kunst + Konstruktion.

Ganz praktisch gedacht war auch sein Interesse für Fabrikbauten. Dampf + Rauch faszinierten ihn, was die Besuchenden zum einen eindrücklich in seiner als Medienstation aufbereiteten Studienreise, zum anderen aber auch in seinen Entwürfen zu Fabrikgebäuden, wie der Gießener Tabakfabrik Schirmer, nachvollziehen können.

Den Abschluss bildet die Stadtkirche in Gießen, die sich seinerzeit keiner allzu großen Beliebtheit erfreute. Hier legte Ritgen umfangreiche Pläne zur Umgestaltung im modernen, historistischen Stil vor.

Durch den Einsatz verschiedener Medien, einer Kinderebene und eines Glossars muss sich niemand fürchten, gelangweilt oder überfordert zu werden. Ganz im Gegenteil: Die vielfältigen Talente Hugo von Ritgens bieten Anknüpfungspunkte für ganz unterschiedliche Interessensschwerpunkte. Die zahlreichen gezeigten Pläne und Zeichnungen stellen das handwerklich umfangreiche Spektrum des Künstlers, Denkmalpflegers und Architekten dar und bilden das Kernstück der Ausstellung, ergänzt werden sie durch eigens für die Ausstellung hergestellte Modelle. An Hands-on-Stationen können Besuchende auch selbst tätig werden.

Medienstation Studienreise

Ein Highlight-Objekt stellt eine aufwendig gestaltete Medienstation dar. An einem großen Touch-Monitor können Besuchende interaktiv einer Studienreise von Ritgen folgen, bei der er sich auf dem Weg durch Frankreich, Belgien und Deutschland vielfältige Inspirationen für sein architektonisches wie künstlerisches Schaffen holte. Neben der programmiertechnischen Arbeit von Studierenden der THM haben eine Drehbuchautorin, ein Illustrator und ein Schauspieler des Stadttheaters als Sprecher mitgewirkt. Für Besuchende werden die Inhalte der Ausstellung so vertiefend und spielerisch erfahrbar.

Publikation

Auch der im Jonas Verlag erschienene Begleitband hat zum Ziel, das Leben und Wirken des bekannten Gießener Architekten, Künstlers, Hochschulprofessors und Denkmalpflegers in all seinen Facetten und im Horizont gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen darzustellen. Er ist für 20,- Euro an der Museumskasse erhältlich.

Website

Zusammen mit der Ausstellung bildet die von der THM erarbeitete und bereitgestellte Website unter www.thm.de/bau/forschung/kooperationen/hugo-von-ritgen ein nahezu vollständiges Bild der Bauten Hugo von Ritgens ab. Hier erzählt von Ritgen selbst über seine vielfältigen Projekte und Baustile, denen hier vertieft nachgegangen werden kann.

Rahmenprogramm zur Ausstellung

Die Ausstellung lädt dazu ein, auch über den Museumsraum hinaus Hugo von Ritgens Leben und Werke im Stadtraum und in der Region zu erkunden. Hierzu trägt auch das abwechslungsreiche Rahmenprogramm mit Stadtführungen, thematisch vielfältigen Vorträgen und zahlreichen Führungen aus unterschiedlichen Perspektiven bei und die Besuchenden bekommen in und um die Ausstellung nicht zuletzt noch Anreize für den ein oder anderen Ausflug.

Das gesamte Programm und viele weitere Infos zum Oberhessischen Museum.

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