Der steinige Weg ins Archiv - Kuriositäten vom Kirchenplatz
Manchmal ist man auch als Archivarin verwundert, was es in den eigenen Archivbeständen zu entdecken geben kann. Diesmal ist es ein ungewöhnlich schwerer und besonders schlecht ausbalancierter Karton, der bei der Recherche nach einer Akte im Weg war und – so war es gedacht – lediglich beiseite geräumt werden musste. In dem Karton befindet sich neben den zu erwartenden Akten eine Schachtel. Allein dieser Umstand ist bereits ungewöhnlich genug. In erster Linie werden Unterlagen im Stadtarchiv überliefert, keine Objekte. Hier finden sich primär Akten, Amtsbücher sowie Urkunden, aber auch Fotos, Karten, Pläne und Plakate.
In dieser Schachtel jedoch liegt ein Pflasterstein.
Ein beiliegendes Schreiben bringt Licht ins Dunkel: Es handelt sich um ein Zertifikat, unterschrieben von Pfarrer Ohl (Pankratiusgemeinde), das den Fund dieses Steines bei den archäologischen Grabungen 2014 auf dem Kirchenplatz bestätigt. Diese sind nötig geworden in Vorbereitung auf die umfangreichen Baumaßnahmen am Kirchenplatz in den Folgejahren. Über viele Wochen wurde Erdschicht für Erdschicht abgetragen und auf etwa das 15. Jahrhundert zu datierende Pflasterung aufgedeckt. In den Jahren nach den Ausgrabungen konnten viele dieser Pflastersteine durch die Pankratiusgemeinde für Spenden verteilt und auf diese Weise gemeinnützige Zwecke unterstützt werden.Schon Anfang der 1990er Jahre gab es erste Grabungen auf dem Kirchenplatz. Zeit- und Kostendruck waren allerdings so hoch, dass die Maßnahmen auf die gesetzlich vorgeschriebenen Notwendigkeiten reduziert wurden. Die Befunde dieser Zeit bestätigen, dass drei verschiedene Kirchenbauten seit mindestens dem 13. Jahrhundert an diesem Ort standen. Der erste davon wurde bereits im Jahr 1248 das erste Mal als Pankratiuskapelle erwähnt, der zweite im 14. Jahrhundert an gleicher Stelle erbaut und 1809 abgerissen. Den Bau des dritten begann man im Anschluss. Nur die Mauern seines Turms überstanden den Zweiten Weltkrieg, wenn auch nicht unbeschadet.
Quelle: Wiebke Lutze/Stadtarchiv