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Walltorstraße 30 (ehem. Walltorstraße 38) - Rosie und Rosa Irmgard Baer

Rosie Baer
*04.01.1904 in Altenstadt
deportiert am 30.09.1942
ermordet im besetzten Polen
Stolperstein verlegt am 02.02.2023

Rosa Irmgard Baer
*02.08.1929
derportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt
ermordet im besetzten Polen
Stolperstein verlegt am 02.02.2023

 

Standort Stolpersteine Walltorstraße 30


Rosie Baer

Rosie Baer wurde am 04.01.1904 in Altenstadt geboren. Sie hatte 6 Geschwister, 2 Brüder und 4 Schwestern. Ihre Eltern, Max Salomon und Kätchen Baer, geb. Halberstadt, kamen am 20.07.1912 aus Stockheim nach Gießen. Die Familie wohnte in der Walltorstraße 38 – heute Walltorstraße 30.

Rosie Baer wohnte mit ihrer Familie zusammen. Sie war von Beruf Näherin. Ihre Tochter Rosa Irmgard wurde am 02.08.1929 geboren.

Im November 1940 zog Rosie Baer nach Frankfurt. Sie wurde im September 1942 mit ihrer Tochter aus der Walltorstraße 42 über Darmstadt in das besetzte Polen deportiert und ermordet.

Rosis Vater Max Salomon wurde nach Theresienstadt deportiert, befreit und kam nach Gießen zurück. Er verstarb im Mai 1953 und ist auf dem Neuen Friedhof bestattet.

Rosa Irmgard Baer

Rosa Irmgard Baer wurde am 2.8.1929 geboren. Sie war ein uneheliches Kind, was in den Zwanziger - und Dreißigerjahren neben der jüdischen Herkunft für Rosa sicherlich ein zusätzlicher gesellschaftlicher Makel war. Rosas Beruf wird in der Gießener Personenstandkartei als „Näherin“, angegeben. Sie wohnte mit ihrer Mutter in der Walltorstraße 38 (heute Walltorstraße 30), später Walltorstr. 42, einem Ghettohaus.

Als Rosa die Schillerschule, heute Ricarda-Huch-Schule, verließ, geschah dies nicht freiwillig. Zusammen mit etlichen anderen jüdischen Schülerinnen wurde sie zwangsweise von der Schule verwiesen. Im Klassenbuch findet sich zu Rosa der Hinweis:
„Austritt am 24.3.1938 laut Anweisung“ sowie „Entlassen am 24.3.1938 laut Verfügung.“

Als Ende September 1942 viele Gießener Jüdinnen und Juden zunächst einige Tage in der Goetheschule interniert und später deportiert wurden, gehörte auch Rosa (wie noch einige andere ehemalige Schülerinnen der Schillerschule) zu den Opfern dieses Verbrechens. Der Gießener Schriftsteller Georg Edward war, weil er in unmittelbarer Nähe zur Goetheschule wohnte, Augenzeuge dieses Geschehens. Er notierte – merklich erschüttert - in seinem Tagebuch folgende Passage:

"Die letzten Juden sind gestern und heute gewaltsam aus Giessen wegtransportiert worden. Sie waren in der Goetheschule in unserer Nähe zusammengepfercht und es war ein erschütternder Anblick für mich, eine Anzahl Freunde darunter zu sehen, denen man Pappdeckel umgehängt hatte, auf denen Zahlen standen. Den unglücklichen Menschen wurde verboten, mehr als ganz wenig Gepäck mitzunehmen und so gut wie kein Geld. Alles Eigentum und Geld war konfisziert worden. Während der letzten zwei Nächte mussten sie auf Stroh in den leeren Schulzimmern schlafen. Sie wurden in Automobilen auf den Frachtbahnhof geschafft, ich war nicht imstande, es mit anzusehen, obwohl ich vom Fenster aus den Schulhof überblicken konnte. Es wurde mir gesagt, die armen Menschen würden nach Polen geschafft, die jüngeren von ihren Eltern getrennt und diese sobald wie möglich umgebracht. Tausende und Abertausende von Juden sollen von den SS-Männern bereits ermordet worden sein, aber man verlangt, das deutsche Volk solle die blutrünstige Bestie anbeten, die Deutschland dem Verderben entgegenführt und die Deutschen zum verhasstesten Volk der Welt macht".
(entnommen: OHG, Band 69, Kurt Heyne, Juden Verfolgung in Gießen und Umgebung, 1933-1945, IV. Die „Evakuierung“ in Gießen, Seite 138)

Rosa Baer wurde am 30. September 1942 über Darmstadt vermutlich nach Treblinka deportiert und ermordet.

 

Texte: Christel Buseck

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