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02.09.2021

Aktueller Energiebericht zeigt positive Entwicklung bei Energie- und CO2-Bilanz

Der aktuelle Energiebericht für die Stadt Gießen liegt vor. Und er enthält eine gute Nachricht: Die Energieverbräuche und damit die Treibhausgasemissionen sind in Gießen seit 1990 kontinuierlich gesunken. Die Pro-Kopf-Emissionen konnten nach der Berechnung mit dem Regionalstrommix seit 1990 um 44% gesenkt werden. Aber: Es ist noch viel zu tun, um das selbst gesteckte Ziel - die Treibhausgasneutralität 2035 - zu erreichen.

Das 40-seitige Werk, mit dessen jährlicher Erstellung die Stadtwerke Gießen (SWG) bereits seit 2013 als Dienstleister betraut sind, beschreibt den aktuellen Zustand im Detail, was den Energieverbrauch und damit die Treibhausgasemissionen im Stadtgebiet angeht und wo sie herkommen:

Die Daten des Energieberichts werden auch maßgeblich Eingang in den Klimaschutzbericht finden, der im September der Stadtverordnetenversammlung vorgelegt werden soll. Dieser soll den Sachstand der aktuellen und geplanten Klimaschutzmaßnahmen insgesamt beleuchten - erweitert also um die Themen Verkehr, Stadtentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit.

Mit den Berichten soll die Öffentlichkeit, wie auch die Politik, in die Lage versetzt werden, auf einer einheitlichen Datenbasis Handlungsbedarfe erkennen zu können. Der seit Jahren erstellte Energiebericht wurde dafür erweitert und somit die Datengrundlage für den städtischen Klimaschutzbericht geschaffen.

Unterschiede in den Sektoren

Um die Treibhausgasemissionen zu erfassen und später zu reduzieren, muss man wissen, wo sie entstehen. Der Bericht betrachtet deshalb fünf Sektoren: private Haushalte, Industrie, GHD, öffentliche Gebäude und Verkehr.

In Gießen entfielen im Jahr 2020 nach der Regionalbilanz 41 Prozent der CO2-Emissionen auf die Wärmeerzeugung. Der Verkehr belegt mit 35 Prozent Platz zwei, gefolgt vom Strom mit 24 Prozent.

Tatsächlich hat sich allein von 2019 auf 2020 viel bewegt, was sich allerdings zu einem guten Teil auf Corona zurückführen lässt. Insgesamt sanken die CO2-Emissionen nach Berechnung mit dem Regionalstrommix der Stadtwerke um 10,3 Prozent. Wenn man den bundesweiten Strommix zur Grundlage nimmt, waren es 10,8 %.

Wobei sich dieser Rückgang praktisch nur im Verkehrssektor abspielte. „Das deutlich geringere Verkehrsaufkommen konnte jeder auf der Straße beobachten“, erinnert Martin Zielke, bei den SWG für das Energiemanagement zuständig und Autor des Energieberichts. In diesem Sektor schlagen für 2020 2,1 Tonnen pro Kopf zu Buche, 2019 lag dieser Wert noch bei 2,6.

Beim Vergleich mit dem Basisjahr 1990 lassen sich in der Regionalbilanz deutliche Trends ausmachen: Hier haben sich die strominduzierten Emissionen mehr als halbiert, bei der Wärme liegen die Einsparungen um etwa 40 Prozent niedriger und auch beim Verkehr kam es zu einer Reduktion um etwa ein Drittel. „In allen Sektoren zeigt sich, wie sich die Technik in den vergangenen 20 Jahren verbessert hat“, erläutert Zielke. Denn Fakt ist: Heute fahren mehr Autos durch Gießen als 1990. „Dass die Emissionen im Verkehr trotzdem so stark zurückgingen, lässt sich nur auf effizientere Motoren zurückführen. Und im Stromsektor machen sich die erneuerbaren Energien bemerkbar“, so sein Fazit.

Ein solcher Effizienzsprung ist auch der Grund für den Rückgang der Emissionen im Wärmesektor, obwohl heute rund 20 Prozent mehr Menschen in Gießen wohnen als 1990 und somit mehr Wohnraum heizen. Der Grund: im großen Stil – also bei der Fernwärme – hat sich der Umstieg auf alternative Brennstoffe als entscheidender Hebel erwiesen. „Mit unseren TREA, den Holzheizwerken, den Biogasanlagen und den mit Bio-Erdgas betriebenen Blockheizkraftwerken (BHKW) konnten wir einen großen Beitrag leisten“, freut sich Matthias Funk, Technischer Vorstand der SWG. Weil in den erwähnten BHKW nicht nur thermische, sondern auch elektrische Energie entsteht, verbesserte der Wechsel des Primärenergieträgers automatisch die CO2-Bilanz im Stromsektor. Und auch im Verkehr konnten die SWG einen massiven Beitrag leisten: Seit nunmehr zweieinhalb Jahren fahren alle Busse der SWG-Tochter MIT.BUS mit Bio-Erdgas.

Eine gute Bilanz findet die für den Klimaschutz zuständige Stadträtin Gerda Weigel-Greilich. Aber: „Es bleibt noch viel zu tun.“ Was in den kommenden 15 Jahren passieren muss, um 2035 die Treibhausgasneutralität zu erreichen, schätzt Weigel-Greilich so ein: „Der zukünftige Energiebedarf wird bspw. durch Zunahme von E-Autos steigen. Daher müssen kommunal alle Potenziale gehoben werden, um den Energieverbrauch zu senken. Das hat hohe Priorität und die Daten zeigen, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind.“ Treibhausgasneutral bedeute nämlich nicht, den eigenen Bedarf innerhalb der Stadtgrenzen nur durch erneuerbare Energien zu decken oder durch Grünflächen zu kompensieren und sich dann auf dem Getanem auszuruhen. „Als Kommune sind wir ein Teil von Deutschland und wollen unseren Beitrag leisten – ambitionierter als wir müssten“, stellt Weigel-Greilich fest. „Gießen ist auf seinem Weg zur treibhausgasneutralen Stadt bereits relativ weit gekommen. Aber es bleibt noch eine nicht zu unterschätzende Strecke zurückzulegen. Deshalb gilt es jetzt, alle Kräfte zu bündeln und das Thema Klimaschutz mit Nachdruck voranzutreiben“, fordert Weigel-Greilich.

Der Energiebericht zeigt dafür den Weg. Denn er lässt durch die Verwendung des BISKO-Standards (Bilanzierungs-Systematik Kommunal) auch Rückschlüsse darauf zu, wo Gießen im nationalen Vergleich steht. Dabei handelt es sich um eine einheitlich angewendete Methode zur nachvollziehbaren Berechnung von Treibhausgasemissionen in einem begrenzten Areal – eben im Stadtgebiet Gießen. Entwickelt wurde dieser Standard vom ifeu im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt.

Für den Gießener Energiebericht musste Martin Zielke die Datenbank des ifeu nur vergleichsweise selten bemühen. Tatsächlich sammeln die SWG viele wichtige Informationen selbst: Über den Strom-, Wärme- und Gasabsatz lassen sich CO2-Mengen zuverlässig berechnen. Darüber hinaus kann das Unternehmen die Werte für rund 90 Prozent des ÖPNV bestimmen. Für Heizungen mit nicht leitungsgebundenen Energieträgern erhielt Martin Zielke Daten von den Bezirksschornsteinfegern. „Die Daten versetzen uns in die Lage, relativ genaue CO2-Emissionswerte zu berechnen“, führt Martin Zielke aus und ergänzt: „Im Grunde mussten wir nur die Zahlen für den Individualverkehr mit Werten vom ifeu ergänzen.“ Für die Basisbilanz nach BISKO wurde, wie vorgeschrieben, der Bundesstrommix herangezogen. „All das zusammen führt dazu, dass sich der Energiebericht dank belastbarer Zahlen und abgestimmter Vorgehensweise ideal als Entscheidungshilfe für kommende Maßnahmen eignet“, ergänzt Stadträtin Astrid Eibelshäuser, Aufsichtsratsvorsitzende der SWG und appelliert an alle Interessierten: „Nutzen Sie ihn.“

 

Hier finden Sie alle Energieberichte seit 2013

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