(Un)Sichtbarkeit von Gewalt
Gruppenausstellung
Datum: 22.08.2025
Datum: 02.11.2025
Kunsthalle Gießen, Berliner Platz 1
Eröffnung: 22. August 2025, 19 Uhr
Kriegsgeschehen, medial omnipräsent und scheinbar endlos, prägen unsere Sehgewohnheiten und dominieren die öffentliche Wahrnehmung. Neben deutlich sichtbarer Gewalt, wie der brachialen Zerstörung von Gebäuden und Kulturgütern, dem Anblick von zivilen Opfern oder Bildern von nicht abreißenden Flüchtlingsströmen, nimmt die Ausstellung vor allem auch die oft unsichtbaren Facetten von Gewalt in den Blick. Strukturelle, psychische oder geschlechtsspezifische Gewalt, insbesondere gegen Frauen und Minderheiten, sowie die daraus entstehenden Traumata und seelisches Leid bleiben häufig verborgen. Auch ideologisch-religiöser Hass, der über Generationen weitergegeben wird und Frauen unverhältnismäßig oft trifft, ist oftmals nicht sichtbar oder wird gezielt verdrängt. Scham und gesellschaftliche Ächtung schützen nicht selten die Täter, während die Folgen für die Betroffenen tiefgreifend und langfristig sind.
(Un)Sichtbarkeit von Gewalt möchte diesen ungleichen Machtstrukturen und visuellen Regimen die Gewalt zugrunde liegen nachgehen: Welche gesellschaftlichen, politischen und medialen Mechanismen machen Gewalt sichtbar oder unsichtbar? Wie wird Gewalt dokumentiert, instrumentalisiert oder zensiert? Mit welchen kreativen und künstlerischen Ansätzen kann Gewalt wahrnehmbar gemacht werden? Wie nutzen Künstler:innen Strategien wie Verfremdung, Zensur, Dokumentation, oder Spektakularisierung um Gewalt darzustellen oder zu verschleiern?
Die Ausstellung knüpft an die im Oktober 2024 initiierte Kooperation mit dem Forschungszentrum für Transformations of Political Violence (TraCe) an, die mit dem Dialogpanel „Darstellungen exzessiver Gewalt – zwischen Verstörung und Attraktion“ in der Kunsthalle begann.
Teilnehmende Künstler:innen:
Hiba Alansari (1983, Libyen) ist eine multidisziplinäre Künstlerin, die in Berlin lebt und arbeitet. Geboren in Libyen und aufgewachsen in Syrien, thematisieren ihre Arbeiten politische Gewalt, Trauma und Erinnerung durch Skulpturen, Performances und Installationen.
Moath al-Alwi (1977, Jemen) war von 2002 bis Januar 2025 im Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert. Während seiner Haftzeit schuf er detaillierte Schiffsmodelle und Reliefs aus recycelten Materialien wie Holzstäbchen, Karton und Stoff, die als Ausdruck von Hoffnung und Resilienz gegen staatliche Gewalt dienen.
Lucinda Devlin (1947, USA) ist eine amerikanische Fotografin, bekannt für ihre nüchtern distanziert erscheinenden Farbfotografien, die institutionelle Räume dokumentieren. Ihre Serie The Omega Suites zeigt Hinrichtungsräume in den USA. Devlins Arbeiten sind in bedeutenden Museen wie dem MoMA und dem Whitney Museum vertreten.
Johanna-Maria Fritz (1994, Deutschland) verbindet dokumentarische und künstlerische Ansätze auf eindringliche Weise. Als Fotografin und Journalistin reist sie in Konfliktgebiete und Brennpunkte, um das Leben von betroffenen Menschen und Gemeinschaften fotografisch zu dokumentieren.
Johannah Herr (1987, USA) ist eine US-amerikanische Künstlerin, die sich mit Themen wie Konsum und Kapitalismus, Nationalismus, Imperialismus und staatlicher Gewalt auseinandersetzt. Sie nutzt Textilien, Installationen und Mixed-Media-Arbeiten, um gesellschaftliche Strukturen kritisch zu hinterfragen.
Jonas Höschl (1995, Deutschland) ist ein deutscher Konzeptkünstler und Fotograf, der politische Themen durch Medien wie Druckgrafik, Video und Installation erforscht. Er wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet.
Šejla Kamerić (1976, Bosnien-Herzegowina) ist eine bosnische Künstlerin, deren multidisziplinäre Arbeiten sich mit Kriegstraumata, Identität und sozialer Gerechtigkeit befassen. Bekannt wurde sie durch ihre Arbeit Bosnian Girl, die auf ihre Erfahrungen während des Bosnienkriegs basiert.
Kresiah Mukwazhi (1992, Simbabwe) ist eine simbabwische Künstlerin, die sich mit (post-)kolonialen und feministischen Themen sowie der Sichtbarkeit von Frauen in patriarchalen Gesellschaften auseinandersetzt. Sie arbeitet mit Installationen, Performances und Textilkunst.
Rabih Mroué (1967, Libanon) ist ein libanesischer Künstler, Regisseur und Schauspieler, der in Berlin lebt. Seine Arbeiten verbinden Theater, Video und Performance, um politische und gesellschaftliche Themen zu reflektieren. Seine Arbeit The Pixelated Revolution wurde 2012 auf der dOCUMENTA (13) ausgestellt.
Thomson & Craighead (Jon Thomson, 1969, und Alison Craighead, 1971, UK) sind ein britisches Künstlerduo, das seit 1993 zusammenarbeitet. Sie nutzen digitale Medien, Video und Internetkunst, um zeitgenössische Themen wie Überwachung und Datenkultur zu untersuchen.
Helena Uambembe (1994, Südafrika) ist eine südafrikanische Künstlerin, die sich mit der Geschichte des 32. Bataillons der südafrikanischen Armee auseinandersetzt, dem ihr Vater angehörte. Sie nutzt Textilien, Druckgrafik und Performance, um persönliche und kollektive Erinnerungen zu erforschen.
Emmanuel Van der Auwera (1982, Belgien) ist ein belgischer Künstler, der mit Video, Skulptur und Druckgrafik arbeitet. Seine Werke untersuchen die Rolle von Bildern in der heutigen Mediengesellschaft und die Konstruktion von Realität durch visuelle Medien.