Ausstellung "Mirjam Kuitenbrouwer - Schwellengeschichten"
Datum: 25.11.2016
Datum: 26.02.2017
Kunsthalle Gießen, Rathaus, Berliner Platz 1
Eintritt frei
Mirjam Kuitenbrouwer stellt Sehgewohnheiten auf den Kopf. Mit ihren Werken vergegenwärtigt sie den auf der einen Seite hochkomplexen, auf der anderen Seite völlig jenseits unserer normalen Wahrnehmung stattfindenden Vorgang des Sehens. Dabei treibt die Künstlerin ein subtiles Spiel mit der optischen Wahrnehmung des Betrachters.
Unter dem Titel ‚Schwellengeschichten‘ hat die Niederländerin für die Kunsthalle Gießen Arbeiten zusammengestellt, die um das Thema der Schwelle, als Ort eines temporären und physischen Übergangs kreisen. Der rund dreißig Arbeiten aus den letzen 13 Jahren umfassende Ausstellungsparcours, lädt dazu ein, dem komplexen Verhältnis von Innen- und Außenwelt auf die Spur zu gehen.
In ihren Fotografien, raumgreifenden Installationen, Collagen, Modellen und Videoarbeiten geht Mirjam Kuitenbrouwer der Frage nach, wie sich das Erfassen unserer Umwelt in Abhängigkeit vom Standort des Betrachters verändert und dessen individuelle Weltsicht prägt.
Spiegel, Lupen und Prismen sowie ursprünglich aus optischen Geräten stammende, in einen völlig neuen Kontext gestellte Bauteile stehen oftmals im Zentrum der faszinierenden zwei- und dreidimensionalen Arbeiten. Und auch architektonische Elemente wie Fenster, Türen oder Zäune – mal stark vergrößert, mal winzig klein – dienen als Ausgangspunkte der Werke, die, frei im Raum stehend oder klassisch an der Wand präsentiert, vielfältige Blickwinkel eröffnen. Mit der Präzision einer Naturwissenschaftlerin und der gestalterischen Freiheit einer bildenden Künstlerin kreiert Mirjam Kuitenbrouwer Werke von großer poetischer Kraft.
Neben den Wissenschaften hegt die Künstlerin auch eine intensive Liebe zur Literatur. Und so sind es neben wissenschaftlichen Phänomenen oft auch Zitate aus der Literatur, die den Ausgangspunkt der Werke liefern. So basiert die 2016 entstandene Arbeit ‚Experience is the Angled Road’ beispielsweise auf einem gleichnamigen Gedicht der amerikanischen Autorin Emily Dickinson. Die langgestreckte Installation in der verschiedenste optische Gerätschaften hintereinander gestaffelt sind, lässt an ein kompliziertes Teleskop denken, das einen schärferen Blick auf einen entfernten Gegenstand eröffnen könnte. Diesem Wunsch nach Durchblick und Erkenntnisgewinn widersetzt sich die Arbeit jedoch auf das perfideste. Egal von welcher Stelle aus man versucht, den Blick durch die Apparatur zu schicken, scheitert man.
In der sogenannten ’Rekursionskabine’, einer begehbaren, eremitischen Zelle ist eine kleine Bibliothek zum Thema ‚Fenster / Ein- und Ausblicke’ eingerichtet. Hier stoßen die Ausstellungsbesucher auf eine ganz eigene Welt in der Welt, „in der mit minimalen Mitteln unsere komplette Lebenswirklichkeit, wie das sich ausbreitende Weltall zusammengefasst ist.“ (Mirjam Kuitenbrouwer)
Das in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Musiker Jan Goorissen entstandene ‚Da Seins Oratorium’ verbindet in Kameragehäuse montierte Miniaturlandschaften mit eigens zu den Szenen komponierten Klängen.
In der vielteiligen ‚Versuchsanordnung’, die an die Aufbauten eines chemischen Experiments erinnert, führt die Künstlerin anhand der Aussicht aus ihrem Atelierfenster vor Augen, dass die Suche nach der einen, allumfassenden Ansicht der Wirklichkeit vergeblich ist.
Mirjam Kuitenbrouwer (*1967) in Nijmgen (NL) hat an der Jan van Eyck Academie in Maastricht und der Hogeschool voor de Kunsten in Arnhem studiert. Sie lebt und arbeitet in Arnhem. Ihre Werke befinden sich unter anderem in der Kunstsammlungg des Deutschen Bundestages / Berlin, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig (MUMOK) / Wien, Sammlung Moderne Galerie / Graz, Museum voor Moderne Kunst / Arnhem, Museum Het Valkhof / Nijmegen und der Colección Diez-Cascón / Barcelona.