Erleben

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Schillerstraße 17 - Dr. Wilhelm und Gertrud Bachenheimer, Josef und Berta Oppenheimer, Hilde Wohlgemuth

Dr. Wilhelm Bachenheimer
*15.02.1901 in Zweibrücken
deportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt nach Treblinka
ermordet vermutlich in Treblinka
Stolperstein verlegt am 26.04.2008

Gertrud Bachenheimer, geb. Katz
*14.04.1907 in Gießen
deportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt nach Treblinka
ermordet vermutlich in Treblinka
Stolperstein verlegt am 26.04.2008

Josef Oppenheimer
*25.10.1869 in Ebelsbach
deportiert am 27.09.1942 ab Darmstadt nach Theresienstadt
ermordet am 05.11.1943 in Theresienstadt
Stolperstein verlegt am 17.10.2023

Berta Oppenheimer, geb. Wohlgemuth
*16.07.1878 in Zweibrücken
deportiert am 27.09.1942 ab Darmstadt nach Theresienstadt
ermordet am 27.01.1944 in Theresienstadt
Stolperstein verlegt am 17.10.2023

Hilde Wohlgemuth
*04.10.1893 in Zweibrücken
deportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt in das besetzte Polen
ermordet im besetzten Polen
Stolperstein verlegt am 17.10.2023

Standort Stolpersteine Schillerstraße 17


Dr. Wilhelm Bachenheimer

Dr. Wilhelm Bachenheimer, geboren am 15.02.1901 in Zweibrücken als Sohn des Lehrers und Kantors der Jüdischen Gemeinde, Max Bachenheimer. Bachenheimer studierte in Frankfurt, wo die Familie Verwandte im Bankgewerbe hatte, Volkswirtschaft und promovierte 1930 mit dem Thema "Das Devisenleihgeschäft in Deutschland nach dem Kriege". Als sein Vater Max Bachenheimer 1929 in zweiter Ehe die Witwe des Kaufmanns und Zigarrenhändlers Meier Wolf heiratete, hinter der sich niemand anderes als die Tochter des Gießener Bankiers Jakob Grünewald, Olga geborene Grünewald, verbarg, zogen die Bachenheimers Anfang der dreißiger Jahre nach Gießen, in die Schillerstraße. Gegenüber befand sich die Zigarrenfabrik Barnaß/Hammerschlag, auch in der Nachbarschaft wohnten etliche andere jüdische Familien. Wilhelm Bachenheimer betätigte sich als Wirtschaftstreuhänder, Steuerberater und Vermögensverwalter.

1931 starb Max Bachenheimer, der unverheiratete Wilhelm Bachenheimer kümmerte sich um die verwitwete Stiefmutter. Als diese 1937 starb, war es für eine Auswanderung fast zu spät. Unklar bleibt, ob Wilhelm Bachenheimer nach dem Pogrom 1938 nach Buchenwald verschleppt wurde oder ob er als Vermögensverwalter von der Gestapo und den Finanzbehörden bei der Ausplünderung auch der Gießener Juden gebraucht wurde. In den Jahren vor der Deportation war der Gang zum Gebäude in der Neuen Bäue und in das Finanzamt fast ein täglicher.

Am 24. Juli 1940 heiratete er die Tochter des Gießener Kaufmanns Louis Katz, Gertrud. Als Bürohilfe ihres Mannes hatte sie Einblick in die Verfolgungsmaschinerie, und als Wilhelm Bachenheimer und seine Frau Gertrud im September 1942 den Zug ins Generalgouvernement betraten, möchten sie vielleicht am ehesten geahnt haben, was sie erwarten würde. Das Ehepaar Bachenheimer starb vermutlich in Treblinka oder einem der anderen Vernichtungslager in Polen; zwischen dem Besteigen des Zuges in Darmstadt und dem Tod lagen vermutlich nur wenige Tage. Beide hatten keine Kinder oder nahe überlebende Verwandte.

Text: Monika Graulich

Gertrud Bachenheimer

Gertrud Bachenheimer, geb. Katz, geb. 14. April 1907 in Gießen, gestorben: Ort und Datum nicht bekannt.

Sie wurde am 30. Sept. 1942 ab Darmstadt zusammen mit ihrem Mann Dr. Wilhelm Bachenheimer deportiert. Ziel des Zuges in der Transportliste angegeben mit "Generalgouvernement", in der Literatur mit "vermutlich Treblinka" angegeben.

Ihre Eltern waren Louis Katz, geb. 20.07.1876 in Gießen, Kaufmann, und Anna Katz, geb. Cohn, geb. 10.06.1883 in Paderborn. Beide wurden im gleichen Zug wie Tochter Gertrud und Schwiegersohn Wilhelm deportiert. Gertrud war das einzige Kind ihrer Eltern.

Gertrud ist im Schuljahr 1922/23 im Klassenbuch der Höheren Mädchenschule zu Gießen verzeichnet, mit der Adresse Landgrafenstr. 14, und Ende der Schulzeit Ostern 1923.

Adressen in Gießen:  (bei den Eltern:) Landgrafenstr. 14 (Adresse der Eltern 1907 sowie im Klassenbuch Schuljahr 1922/23), Bahnhofstr. 14, (verheiratet:) Schillerstr. 17, Walltorstr. 48

Vater Louis Katz war Briefmarkenhändler und Versicherungsagent.

Eine berufliche Bildung ist nicht bekannt, sie widmete sich Kunst, Literatur und Musik, zählte auch zum Freundeskreis um Helene Roese. Gertrud hatte vor, dem in die USA emigrierten Verlobten zu folgen. Eine Freundin schmuggelte wertvolle Briefmarken nach Paris, deren Erlös dem Verlobten zukommen sollte.

Zur Ausreise kommt es nicht mehr. Ab 23. Okt. 1941 haben Juden Ausreiseverbot. "Aus Liebe und Treue zum kranken Vater bleibt sie in Gießen", beschreibt eine gute Freundin.

Sie heiratete Dr. Wilhelm Bachenheimer, geb. 15.2.1901 in Zweibrücken, Doktor der Oekonomie. Gertrud zog zu ihm in die Schillerstr. 17.

Die letzte Adresse des Ehepaares ist "Walltorstr. 48", (eines der sogenannten Getto-Häuser).

Für Gertrud Bachenheimer beginnt der Weg in die Vertreibung und Vernichtung endgültig Mitte September 1942: in der Goetheschule Gießen, die nach behördlicher Anordnung zum Sammellager für ca. 330 Personen aus Stadt und Kreis Gießen vom 12. bis 17.9.1942 umfunktioniert wird. Vom erzwungenen Marsch zum Güterbahnhof ist an anderer Stelle nach zu lesen. In Darmstadt werden die letzten oberhessischen Juden und Jüdinnen in das Sammellager Justus-Liebig-Schule in der Nähe des Hauptbahnhofs getrieben.

Der Deportationszug Da 84, Abfahrt am 30.09.1942 ab Darmstadt, transportiert insgesamt 883 Juden aus dem Volksstaat Hessen. Im "Namentlichen Verzeichnis" der Gestapo Darmstadt vom 30. Sept. 1942 wird der Weg in die Vernichtung verschleiert mit der Überschrift "Wohnsitzverlegung nach dem Generalgouvernement".

Das Deportationsziel ist ebenso unbekannt wie das weitere Schicksal. In der Gesamtdeportationsliste aus dem Reich wird das Ziel mit "vermutl. Treblinka" angegeben.

Text: Monika Graulich

Joseph Oppenheimer

Josef Oppenheimer wurde am 25. Oktober 1869 in Ebelsbach geboren. Seine Ehefrau Bertha, geb. Wohlgemuth kam aus Zweibrücken. Sie heirateten am 28.10.1901 in Zweibrücken. Seit dem 03. September 1939 lebten beide in Gießen, in der Schillerstr. 17. Wo sie vorher gewohnt hatten, ist leider nicht bekannt. Am 26. November 1941 zogen sie in ein Haus in der Bahnhofstr. 58 um, in dem auch andere jüdische Familien zu Hause waren

[*vgl. Stolperstein zu Familie Goldschmidt, Bahnhoftstr. 58]

Mit dem Ehepaar Oppenheimer kam auch Hilde Wohlgemuth, die Schwester von Berta nach Gießen; sie war wie Bertha Oppenheimer, geb. Wohlgemuth in Zweibrücken gebürtig. Josef und Bertha Oppenheimer wurden am 27. September 1942 über Darmstadt nach Theresienstadt deportiert. Josef Oppenheimer starb dort am 05. November 1943 vermutlich an Unterernährung und Entkräftung.

Die Eheleute wurden am 17. November 1955 vom Amtsgereicht Gießen für tot erklärt. Als Todeszeitpunkt wurde willkürlich der 08. Mai 1945 festgesetzt.

 

Text: Andrea Knoche

Berta Oppenheimer, geb. Wohlgemuth

Bertha Wohlgemuth wurde 16. Juli 1878 in Zweibrücken geboren. Mit ihrem Ehemann Josef Oppenheimer kam sie am 03. September 1933 nach Gießen. Sie lebten zunächst in der Schillerstr. 17. Am 26. November 1941 zogen sie in ein Haus in der Bahnhofstr. 58., in dem ihre Schwester Hilde Wohlgemut  lebte. Wie ihr Mann wurde Bertha Oppenheimer am 27. September 1942 über Darmstadt nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie am 27. Januar 1944 vermutlich an Unterernährung und Entkräftung.

Die Eheleute wurden am 17. November 1955 vom Amtsgereicht Gießen für tot erklärt. Als Todeszeitpunkt wurde willkürlich der 08. Mai 1945 festgesetzt.

 

Text: Andrea Knoche

Hilde Wohlgemuth

Hilde Wohlgemuth kam am 04. Oktober 1893 in Zweibrücken zur Welt. Sie hatte eine ältere Schwester, Berta Wohlgemuth verh. Oppenheimer. Seit dem 03. September 1939 lebte sie zusammen mit Josef und Bertha Oppenheimer in Gießen. Zunächst in der Bahnhofstraße 58, dann in der Schillerstraße 17. Am 30.09.1942 wurde sie über Darmstadt in das besetzte Polen deportiert und dort ermordet.

 

Text: Andrea Knoche


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