Erleben

Seiteninhalt

Dammstraße 44 - Sophie und Leon Charak

Sophie/Süssel Charak
*06.11.1894 in Stojanow, Galizien
deportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt
ermordet im besetzten Polen
Stolperstein verlegt am 25.06.2021

Leon Charak
*23.03.1899 in Gießen
Flucht nach Belgien
deportiert am 02.09.1942 ab Drancy
ermordet in Auschwitz
Stolperstein verlegt am 25.06.2021

 

Standort Stolpersteine Dammstraße 44


Sophie Charak

Sophie Charak wurde am 06.11.1894 in Stojanow (Galizien/Österreich) als erstes Kind ihrer Eltern geboren. Stojanow ist eine Kleinstadt, nordöstlich von Lemberg (heute Lviv) gelegen. Die Familie kam am 23.02.1899 aus Frankfurt nach Gießen und wohnte in der Steinstraße 15, später dann in der Dammstraße 14 und Nr. 44. Alle Adressen befanden sich nahe der (ehemaligen) orthodoxen Synagoge, Steinstraße 8.

Sophies Eltern waren Naftali/Nathan Charak, geb. am 10.11.1865 in Stojanow und seine Frau Bertha, geb. Aberbach, geb. am 19.10.1868 in Sassow (heute Ukraine).
Nathan Charak verkaufte Milch, Butter, Eier und Käse, sowie Seife und Bier. Er starb am 11.01.1925 und ist auf dem Neuen Friedhof in Gießen begraben, (NF A-D Rgr 38).
Mutter Bertha und Tochter Sophie gehörten der orthodoxen israelitischen Religionsgemeinde an.

Am 23.03.1899, einen Monat nach Ankunft der Familie in Gießen, kamen die Zwillinge Hedwig und Leon zur Welt, Hedwig starb im Alter von 4 Monaten.

Als viertes Kind kam am 03.02.1903 Tochter Melitta in Gießen zur Welt. Melitta verlobte sich im Juni 1930 mit Heinz Sobkowski in Köln. Sie zog am 11.06.1933 nach Altona, und war verheiratet mit Abraham Rechtschaffen. Mutter Bertha folgte ihr am 04.10.1935.
Melitta emigrierte nach USA und lebte als Melitta Rosenblatt 1987 in Los Angeles.

Bei einer weiteren Geburt brachte Mutter Bertha ein Zwillingspärchen zur Welt (ein totgeborenes Söhnchen, das Mädchen starb als Kleinkind).

Sophie führte wohl das Gewerbe des Vaters weiter. Vom 15.05.1928 an betrieb sie mit ihrer Schwester Melitta in Kaplansgasse 18 den Handel mit Herren-, Damen- und Kinderkonfektion, ab 16.09.1929 auch den Verkauf von Möbeln. Vom 01.04.1932 bis 31.12.1938 war sie alleinige Inhaberin des Geschäftes; es befand sich in Nordanlage 11 und 1936 in Schillerstr. 19.

In der Dammstraße 44 blieb Sophie als Mieterin bis 30.03.1936, sie musste mehrfach (unfreiwillig) umziehen (Schillerstraße 36, am 05.08. in die Schillerstraße 1, am 31.03.1939 in die Walltorstraße 48 (Jüdisches Altersheim)). Dort lebte sie auch am 01.02.1941.
Die noch in Gießen lebenden Juden wurden an wenigen Adressen zusammengepfercht.

Im September 1942 wurde die Goetheschule in der Westanlage als Sammelplatz für die in Gießen lebenden Jüdinnen und Juden benutzt. Mehr als 330 Juden aus Gießen und Oberhessen wurden per Bahn nach Darmstadt verschleppt.

Die Opfer wurden in der dortigen Liebigschule gesammelt. Der erste Transport (die Liste umfasst 1288 Namen) verließ Darmstadt am 27. Sept. 1942 mit Ziel Theresienstadt, darin befanden sich 56 Personen aus Gießen, sechs davon überlebten.

Für den zweiten Transport hatte die Gestapo Darmstadt als Zielangabe „Wohnsitzverlegung Generalgouvernement“ gewählt. Die Liste zur Deportation am 30. Sept. 1942 enthält insgesamt 883 Namen, davon 94 aus der Stadt Gießen*. - Ankunftsdatum unbekannt, alle Menschen wurden sofort nach Ankunft im Vernichtungslager Treblinka ermordet.


Familienschicksale

- Vater Nathan – 11.01.1925 verstorben und begraben in Gießen
- Mutter Bertha – 03.10.1935 nach Altona zu Tochter Melitta. Schicksal unbekannt
- Tochter Sophie – deportiert ab Darmstadt 30.09.1942, „ermordet im besetzten Polen“ -
(vermutlich Treblinka)
- Sohn Leon – deportiert ab Drancy (Frankreich), ermordet am 04.09.1942 in Auschwitz
- Tochter Melitta – emigrierte nach USA, lebte 1987 als Melitta Rosenblatt in Los Angeles
- drei Kinder verstarben als Kleinkinder

 

Text: Monika Graulich

Leon Charak

Leons Eltern, Vater Naftali/Nathan Charak, geb. am 10.11.1865 in Stojanow (Galizien) und seine Frau Bertha, geb. Aberbach, geb. am 19.10.1868 in Sassow (heue Ukraine), waren mit der ältesten Tochter Sophie am 13.02.1899 aus Frankfurt nach Gießen gekommen.

Am 23.03.1899, einen Monat nach Ankunft der Familie in Gießen, kam das Zwillingspärchen Hedwig und Leon zur Welt. Hedwig wurde nur vier Monate alt.

Am 03.02.1903 kam Tochter Melitta in Gießen zur Welt.

Naftalie/Nathan Charak verkaufte Milch, Butter, Eier und Käse, sowie Seife und Bier. Er starb am 11.01.1925 und ist auf dem Neuen Friedhof in Gießen begraben (NF A-D Rgr 38).
Mutter Bertha und Tochter Sophie gehörten der orthodoxen israelitischen Religionsgemeinde an, deren Synagoge sich in der unmittelbaren Nachbarschaft (Steinstraße 8) befand.

Leon kam am 09.02.1925 (also nach dem Tod des Vaters) aus Aschaffenburg nach Gießen. Er blieb vier Monate und zog nach Hofgeismar. Dort verliert sich seine Spur.

Sein Name ist – wie auch der von Sophie Charak - aufgenommen in die Opferliste Gießener Juden*. Sein Schicksal lässt sich nachzeichnen anhand von Listen. Leon war – wie viele andere Juden nach 1933 - nach Antwerpen geflohen. Nach dem Einmarsch der Deutschen in Belgien wurden die Juden an die belgisch-französische Grenze verschleppt und den Franzosen überstellt. Die Franzosen hatten im Süden des Landes Internierungslager für die nach dem Spanischen Bürgerkrieg nach Frankreich geflohenen Kämpfer errichtet. St. Cyprien wurde als Internierungslager bezeichnet. Die Internierten mussten auf dem nackten Boden schlafen. Versorgung fand nicht statt.

Ende Oktober 1940 hielt das provisorische Lager dem Klima nicht mehr stand: es war nach einem Sturm und Regen derart zerstört, dass es am 31. Oktober 1940 aufgelöst wurde. Die über 3 600 Gefangenen wurden nach Gurs verlegt.

Gurs liegt in den westlichen Pyrenäen. Es wurde in der sogenannten „freien Zone“ errichtet für Menschen, die nach dem spanischen Bürgerkrieg in Frankreich Zuflucht gesucht hatten. Es war bereits mehr als überbelegt: die Juden aus Baden und der Saarpfalz (rund 6 500 Menschen) waren gerade aus ihrer Heimat vertrieben worden (Wagner-Bürckel-Aktion 21./22. Okt. 1940)

Die eigentliche Deportation aus Frankreich begann in dem nahe Paris gelegenen Drancy. Leon Charak wurde mit einem der ersten Deportationszüge zusammen mit ca. 1 000 Opfern am 2. Sept. 1942 mit Ziel Auschwitz verschleppt und dort am 4. Sept. 1942 ermordet.

Familienschicksale

- Vater Nathan – 11.01.1925 verstorben und begraben in Gießen, Neuer Friedhof
- Mutter Bertha – 03.10.1935 nach Altona (zu Tochter Melitta?)
- Tochter Sophie – deportiert ab Darmstadt 30.09.1942, „ermordet im besetzten Polen“-
(vermutlich Treblinka)
- Sohn Leon – deportiert ab Drancy (Frankreich), ermordet 04.09.1942 in Auschwitz
- Tochter Melitta – emigrierte nach USA, lebte 1987 als Melitta Rosenblatt in Los Angeles
- drei Kinder verstarben als Kleinkinder

 

Text: Monika Graulich

Newsletter

Bestellen Sie sich hier den Newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.