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Bismarckstraße 14 - Helene Wallach

+++ Im Rahmen der Bauarbeiten Ludwigstraße/Ecke Bismarckstraße ist der Stein aktuell nicht mehr gesetzt. Nach Abschluss der Bauarbeiten wird der Stolperstein wieder vor dem Haus eingesetzt. +++

Helene Wallach
*22.07.1881 in Gießen
deportiert am 30.09.1942 ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka
ermordet vermutlich in Treblinka
Stolperstein verlegt am 13.02.2009

 

Standort Stolperstein Bismarckstraße 14


Schwerer ist es, das Gedächtnis
der Namenlosen zu ehren als
das der Berühmten.

Walter Benjamin
(Ges. Schriften 1, S. 1241)

Die Großeltern Julius und Bertha Wallach handelten seit den 1860er Jahren am Gießener Marktplatz mit Butter, Weinen, Versicherungen, Zigarren und Mineralwasser. Helenes Eltern waren Heinrich und Emilie Wallach, die seit etwa 1878 das Geschäft mitführten. Bruder Jacques wurde am 29.5.1880 geboren, Helene am 22.7.1881. Alle waren mosaischen Glaubens. Nach kurzem Intermezzo 1901 im Seltersweg 62 zog die Familie in die Bismarckstraße 14. Großvater Julius war am 1890 verstorben. Sohn Heinrich erweiterte die Firma um eine Agentur für Immobilien.

Helene lernte nach Besuch der Höheren Töchterschule Haushaltsführung, Stenographie und Maschineschreiben sowie Englisch und fand im Januar 1902 eine Stelle als Kontoristin bei Rechtsanwalt Römheld, wo sie bis 1910 blieb. Es folgte ein Zwischenspiel im Büro der Zigarrenfabrik Klingspor, und sie half auch im Geschäft der Eltern. 1906/07 hatte Mutter Emilie Prokura erhalten. Bruder Jacques zog in die Wiesbadener Gegend, später nach Belgien. Im Juli 1910 bekam Helene Wallach ihre Lebensstellung in der Anwaltskanzlei Leun, ab 1920 war sie Bürovorsteherin.

Um diese Zeit starben ihre Eltern, und sie hatte dann Untermieterinnen, um nicht allein zu sein. 1930 war ein einschneidendes Jahr mit dem Tod von Rechtsanwalt Leun und dem darauf folgenden Selbstmord seiner Frau, bei denen sie Kind im Hause gewesen war. Die Kanzlei wurde von Bankdirektor Arnold und den Anwälten L. Engisch und J. Fr. Zimmer übernommen. Aber nun wurde Helene ständig krank, hatte eine Unterleibsoperation und war in psychiatrischer Behandlung.

Anwalt Zimmer stellte 1934 den seit dem Tod des bekannten Rechtsanwaltes Mandelssohn 1933 arbeitslos gewordenen Bürovorsteher H. Adam ein, trennte sich von Frau Wallach und zahlte einige Abfindungen. Es begann der Kampf um eine Rente, unterstützt von den Anwälten Engisch und Zimmer, den sie aber verlor. Sie lebte nun von der Wohlfahrt, Abfindungen, Untervermietung und Verkauf von Aktien und Kunstgegenständen. Viel zu spät bemühte sie sich um Ausreise nach Palästina, obwohl seit Jahren viele Freunde und Bekannte emigrierten. Im Februar 1939 musste sie in das Gettohaus Walltorstraße 48 umziehen und den Zwangszusatznamen Sara annehmen. 1936, 1937 und 1940 konnte sie beim Jüdischen Winterhilfswerk arbeiten. Penibel gab sie wie immer ihre Steuererklärungen ab, die letzte im Februar 1942. Mit den anderen Gießener Juden wurde Helene Wallach am 17.09.1942 über Darmstadt "nach Osten" deportiert und vermutlich in Treblinka kurz nach dem 30.09.1942 ermordet.

In der zentralen Datenbank in Yad Vashem/Israel sind die Geschwister Jacques und Helene Wallach im Tode wieder vereint.

Quellen
Stadtarchiv Gießen
Stadtarchiv Wiesbaden
E. Knauß, Die jüdische Bevölkerung Gießens

Text: Gaby Rehnelt

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